Krankschreibung ab dem ersten Tag: Ist das rechtens?

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Eine Krankschreibung ist grundsätzlich erst nach drei Tagen Abwesenheit fällig – das glauben zumindest die meisten Arbeitnehmer. Dabei kann der Chef selbst entscheiden, wann er ein Attest sehen will. Die deutsche Anwaltauskunft klärt den Rechtsmythos auf.

Die Deutschen gehen häufiger zum Arzt als die meisten anderen Europäer – im Durchschnitt rund zehn mal pro Jahr. Schuld daran sei auch das Prinzip der Krankschreibung hierzulande, sagen Mediziner der Uni Magdeburg in einer aktuellen Studie. Einen Verbesserungsvorschlag haben die Forscher auch: Wer sich schlecht fühlt, soll sich bis zu einer Woche lang ohne Attest selbst krankmelden können.

Bisher müssen Arbeitnehmer wesentlich schneller zum Arzt. „In Regel verlangen Arbeitgeber spätestens nach drei Krankheitstagen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“, sagt die Rechtsanwältin Donata Gräfin von Kageneck vom Deutschen Anwaltverein (DAV).

Arbeitgeber darf Attest schon am ersten Tag einfordern

Viele Arbeitnehmer gehen deshalb davon aus, dass sie in jedem Fall drei Tage ohne Arztbesuch krankfeiern dürfen. Das ist ein Irrtum. In Paragraph 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes heißt es zwar, dass der Arbeitnehmer bei einer Arbeitsunfähigkeit von „mehr als drei Tagen“ eine ärztliche Bescheinigung vorlegen muss. Doch gleichzeitig räumt das Gesetz dem Arbeitgeber das Recht ein, die Krankschreibung „früher“ zu verlangen. „Das bedeutet, dass der Arbeitgeber im Einzelfall schon am ersten Krankheitstag ein Attest einfordern darf“, sagt die Rechtsanwältin Gräfin von Kageneck.

Die meisten Arbeitgeber machen von diesem Recht keinen Gebrauch und verlangen erst ab dem vierten Fehltag eine Krankschreibung, also ein ärztliches Attest. Das ist in der Regel auch sinnvoller: Gerade bei leichteren Erkrankungen dient es der Gesundung meist mehr, einen Tag das Bett zu hüten, als gleich zum Arzt zu gehen. Zudem motiviert eine Attestpflicht ab dem ersten Tag Mitarbeiter dazu, trotz Krankheit zur Arbeit zu gehen, wo sie dann Kollegen anstecken.

Krankschreibung ab erstem Tag: Keine Begründung notwendig

Eine Krankschreibung schon ab dem ersten Tag verlangt der Chef deshalb meistens nur von Arbeitnehmern, die in der Vergangenheit durch hohe Fehlzeiten aufgefallen sind und bei denen ein missbräuchlicher Umgang mit Krankmeldungen vermutet wird.

Auch wenn der Chef laut Gesetz nicht gezielt einzelne Mitarbeiter piesacken oder diskriminieren darf, muss er keine gesonderte Begründung dafür abgeben, warum er von einem Arbeitnehmer ein Attest schon am ersten Krankheitstag verlangt. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2012 hervor (5 AZR 886/11). In diesem Fall hatte eine Redakteurin gegen ihren Arbeitgeber geklagt, der von ihr nach einer fragwürdigen Krankmeldung eine Krankschreibung mit ärztlichem Attest ab dem ersten Tag verlangt hatte.

Sofortige Krankmeldung ist immer Pflicht

Es liege grundsätzlich im Ermessen des Arbeitgebers, von welchem seiner Mitarbeiter er sofort eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sehen möchte, so das Gericht.

Dabei spielt es keine Rolle, ob das Misstrauen des Arbeitgebers tatsächlich berechtigt ist. Gemäß seines allgemeinen Weisungsrechts darf er selbst entscheiden, wann er die Krankschreibung sofort verlangt. Wer als betroffener Arbeitnehmer eine Diskriminierung vermutet, braucht dafür handfeste Beweise. Übrigens: Gesundschreiben lassen müssen sich Arbeitnehmer generell nicht.

Auch wenn der Chef kein sofortiges Attest verlangt, gilt für alle Arbeitnehmer: Eine Krankmeldung ab dem ersten Tag ist immer Pflicht. Wer es versäumt, seine Erkrankung schon am ersten Fehltag so schnell wie möglich dem Arbeitgeber mitzuteilen, muss mit einer Abmahnung rechnen.

Quelle: https://anwaltauskunft.de/