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Kann die Abnahme wegen fehlender Dokumentation verweigert werden?

In einem Bauvertrag haben die Beteiligten vereinbart, dass der Auftragnehmer baubegleitende Unterlagen zu erstellen hat und auf Datenträgern in Dateiformaten “DWG” zu liefern hat. Des Weiteren ist im Bauvertrag geregelt, dass Glasfasermessungen im Detail per Ausdruck nachzuweisen sind. Nach Fertigstellung der Leistung stellt der Auftragnehmer seine Schlussrechnung. Der Auftraggeber bezahlt diese unter anderem nicht, weil der Auftragnehmer keine lesbare Dokumentation der Messprotokolle, hinsichtlich der Glasfasermessungen der verlegten LWL-Kabel, übergeben hat. Der Auftraggeber beruft sich darauf, dass dies ein erheblicher Mangel sei, weshalb er die Leistung des Auftragnehmers als nicht abnahmereif ansehe und dass der Werklohn nicht fällig sei. Der Auftragnehmer verweist darauf, dass die geforderte Dokumentation im Datenformat “DWG” geliefert zu haben und erhebt Klage auf seine Restlohnforderung.

Zu Recht? – Mit Erfolg!

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 24.02.2015 (Az. 16 U 135/14), ebenfalls gleichlautend in einem Parallelfall das OLG Köln mit Urteil vom 07.08.2015 (Az. 19 U 104/14), ausgeführt:

Die Berechtigung zur Verweigerung der Abnahme liegt für den Auftraggeber nach § 640 Abs. 1 BGB bzw. nach § 12 Abs. 3 VOB/B nur dann vor, wenn es sich um wesentliche Mängel handelt. Wesentlich ist in der Regel ein Mangel, der Einfluss auf die Funktionstauglichkeit der Leistung hat. So sind etwa optische Mängel oder kleinere Restarbeiten nur als unwesentliche Mängel zu klassifizieren. Die zwei vorgenannten Gerichte haben ausgeführt, dass der Auftraggeber nur dann zur Abnahmeverweigerung berechtigt ist, wenn die fehlende Dokumentation oder fehlende Protokolle eine wesentliche Bedeutung für den Auftraggeber -unter Maßgabe der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen- hat. So stellt eine nicht im richtigen Dateiformat übergebene Dokumentation lediglich einen unwesentlichen Mangel dar, der den Auftraggeber nicht dazu berechtigt, die Abnahme zu verweigern. Das OLG Köln hat in seiner Entscheidung Bezug auf   Protokolle über Dichtigkeits- und Druckprüfungen genommen und hier diese als die Funktionstauglichkeit des Werkes nicht beeinträchtigende Dokumentationsverpflichtung mit der Folge klassifiziert, dass wegen solcher fehlender Unterlagen die Abnahme nicht verweigert werden darf. Dem Auftraggeber stehe vielmehr ein Leistungsverweigerungsrecht zu und zwar in Höhe des Zweifachen der Herstellungskosten für die geschuldeten Unterlagen (so auch das OLG Frankfurt in der vorgenannten Entscheidung).

Der Bauunternehmer muss nicht “klüger” als der Sonderfachmann sein!

Der Bundesgerichtshof hat mit einem Beschluss vom 16.12.2015 (Az. VII ZR 125/13) eine Revision gegen ein Urteil des OLG Bamberg vom 17.04.2013 (Az. 3 U 127/12) mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:

“Soweit auf Seiten des Auftraggebers Sonderfachleute und Architekten eingeschaltet sind, ist ein Werkunternehmer nicht dazu verpflichtet, deren Erkenntnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, es sei denn, ein Fehler springt ins Auge.”

Diese Entscheidung ist richtig, denn die Anforderungen an die Mitteilung von Bedenken hängen immer von der Bewertung des konkreten Einzelfalls ab. Man kann also hier nicht verallgemeinern. Aber von entscheidender Bedeutung dürfte hier der Umstand sein, dass diese Einzelheiten des Detailfalles dem Auftragnehmer schlichtweg nicht bekannt waren. Der Bundesgerichtshof führt hier in seiner konsequenten Rechtsprechung fort, dass es zwar anerkannt sei, dass bei einem Werkvertrag Aufklärungs-, und Beratungspflichten des Auftragnehmers bestehen und der Auftragnehmer auch ohne ausdrückliche Abrede dazu verpflichtet ist, den Auftraggeber auf das mit der Verwendung seines Werkes verbundene Risiko oder darüber aufzuklären, ob das bestellte Werk für den vertraglich vorgesehenen Zweck tauglich sei und den Bedürfnissen des Auftraggebers entspreche. Diese Pflicht ist aber nicht uferlos. Da sie letztlich aus Treu und Glauben abgeleitet werde, so der Bundesgerichtshof, komme es darauf an, ob der Auftragnehmer über einen Wissensvorsprung in Bezug auf Risiken verfüge, die der Auftraggeber, aufgrund seiner eigenen Sach- und Fachkunde, allein nicht zu erkennen oder richtig einzuschätzen vermöge. Soweit auf Seiten des Auftraggebers Sonderfachleute und Architekten eingeschaltet seien, sei ein Auftragnehmer deshalb nicht verpflichtet, deren Erkenntnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, es sei denn, ein Fehler springt ins Auge!

Werbeaussagen eines Herstellers können den Auftragnehmer binden!

Das OLG Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 29.09.2015 (Az.11 U 86/15) folgendes ausgeführt:

1.
Im werkvertraglichen Gewährleistungsrecht können Werbeaussagen als Begleitumstände für die Vertragsauslegung erhebliche Bedeutung erlangen und zu einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung führen, wenn sie -dem Auftragnehmer erkennbar- für den Auftraggeber von erheblicher Bedeutung sind!

2.
Muss eine Dachpfanne hagelsicher sein? Hagelsicher bedeutet, dass Hagelschlag dem Material (im konkreten Fall Metalldachpfannen) “nichts anhaben” kann. Die Hagelsicherheit ist dabei nicht nur darauf beschränkt, dass die Eindeckung durch Hagel nicht zerstört wird. Die berechtigte Erwartungshaltung geht vielmehr dahin, dass Hagelschlag nicht zu einer Verschlechterung der Dachpfannen oder zu einer Verkürzung deren Lebenserwartung führt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich ein Werkunternehmer an den Prospektangaben eines Herstellers festhalten lassen muss, wenn er sich dessen Angaben zumindest indirekt zu eigen macht und die betreffenden Eigenschaften für den Besteller erkennbar von erheblicher Bedeutung sind. Das heißt, will der Auftragnehmer von den Prospektangaben des Herstellers abweichen, muss er dies vertraglich normieren.