Privateigentümer muss Verhältnismäßigkeit vor Abschleppenlassen eines Falschparkers nicht …

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AG München, Urteil vom 02.05.2016 – 122 C 31597/15 –

Ein privater Grundstücksbesitzer ist in der Regel berechtigt, Falschparker sofort abschleppen zu lassen, ohne die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beachten zu müssen, solange die Maßnahme erforderlich ist, um die Besitzstörung zu beenden. Dies entschied das Amtsgericht München (Urteil vom 02.05.2016 Az.: 122 C 31597/15, rechtskräftig).

Sachverhalt
Der Kläger aus Köln stellte seinen PKW am Samstag, dem 24.10.2015, um 22:30 Uhr auf einer Parkfläche für Bahnbedienstete in Augsburg ab, die als privater Parkplatz von der beklagten Grundstücksbesitzerin gekennzeichnet ist. Als er am 25.10.2015 um 1:30 Uhr zurückkehrte war der PKW nicht mehr da. Der Kölner wandte sich an die örtliche Polizeidienststelle und erfuhr dort, dass sein Fahrzeug von einem Abschleppdienst auf Veranlassung der Grundstücksbesitzerin abgeschleppt worden ist. Zwischen der Beklagten und dem Abschleppdienst besteht eine Rahmenvereinbarung. Nach dieser Vereinbarung tritt die Grundstücksbesitzerin alle ihre Ansprüche gegen unberechtigte Parkplatznutzer auf Kostenerstattung an den Abschleppdienst ab, so dass der Abschleppdienst die Abschleppkosten erhebt. Der Kläger zahlte an den Abschleppdienst insgesamt 253 Euro, bevor er sein Fahrzeug wieder in Empfang nehmen konnte. Er hatte hinter der Windschutzscheibe seines PKW einen Zettel mit dem Hinweis “bei Parkplatzproblemen bitte anrufen” mit seiner Mobilfunknummer hinterlassen. Er ist der Meinung, dass das Abschleppen unverhältnismäßig gewesen ist. Er hätte das Fahrzeug umgehend entfernen können, es habe niemanden behindert. Zudem seien die von ihm verlangten Kosten zu hoch. Den Aufwand für die Dokumentation (65,50 Euro) schulde er nicht, ebenso wenig den Nachtzuschlag (23 Euro). Er verlangte die Abschleppkosten zurück und klagte.

Eigentumsstörung und verbotene Eigenmacht als Rechtsgrund für Abschleppen
Das AG München wies die Klage ab. Die beklagte Grundstückseigentümerin habe von dem falschparkenden Kläger Schadensersatz verlangen können, die Zahlung des Klägers an den Abschleppdienst sei daher mit Rechtsgrund erfolgt. Indem der Kläger sein Fahrzeug auf dem nicht der Öffentlichkeit gewidmeten Grundstück der Beklagten abgestellt habe, habe er deren Eigentum und Besitz verletzt. Hierin liege eine verbotene Eigenmacht und ein teilweiser Besitzentzug (§§ 858, 859 Abs. 3 BGB). Der Kläger habe auch schuldhaft gehandelt (§ 823 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dem Kläger hätte diese Verletzung des Eigentums und des Besitzes der Beklagten beim Abstellen seines Fahrzeugs auffallen müssen. Er habe selbst eingeräumt, dass entsprechende Hinweisschilder für eine private Nutzung der Parkfläche vorhanden waren. Der Schaden der Grundstücksbesitzerin liege in den Kosten, die sie wegen des Falschparkens des Klägers hatte, also den Abschleppkosten.

Private Grundeigentümer bei Erforderlichkeit der Maßnahme nicht an Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden
Dabei sei die Grundstückseigentümerin – anders als eine staatliche Stelle – nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, solange ihre Maßnahme dazu erforderlich sind, den Schaden (also die Besitzstörung durch den Falschparker) zu beseitigen. So habe die Beklagte, die dort Parkplätze für übernachtende Bahnmitarbeiter bereit hält, nicht mitten in der Nacht bei einem ihr völlig unbekannten KFZ-Halter anrufen müssen. Aus dem Zettel, den der Kläger hinter seine Windschutzscheibe geklemmt hatte, sei nicht hervorgegangen, dass er sich nur wenige Minuten auf dem Parkplatz der Beklagten aufhalten wolle. Ebenso wenig habe dem Zettel entnommen werden können, dass sich der Kläger im Fall eines Anrufs sofort wieder einfinden werde. Die Beklagte habe unter diesen Umständen das ihr zur Verfügung stehende effektivste Mittel des Abschleppens wählen dürfen, um die vom Kläger verübte Eigentumsstörung und die darin liegende verbotene Eigenmacht sofort zu beenden.

Abschleppkosten ortsüblich
Die reinen Abschleppkosten in Höhe von 164,50 Euro zuzüglich des Nachtzuschlags seien nicht zu beanstanden, da sie ortsüblich seien, so das Gericht weiter. Auch die Dokumentationskosten seien erst durch das Falschparken ausgelöst worden und daher erstattungsfähig.

Quelle: beck-aktuell NACHRICHTEN